Kiri Karl Morgensternile

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1794-06-25

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Göttingen d. 15. Jun. 94. Euer Wohlgebohrn bin ich für das gütige Geschenk, was Sie mir mit Ihrer Abhandlung über die Republik des Plato ge- macht haben, auβerordentlich verbunden. Aufrichtig gestehe ich Ihnen, daβ Sie mich von einem Intherim befreyen, in dem auch ich bisher, zu meinem Troβe mit mehr andern, war. Ihre Untersuchung zeigt bis zur Evidenz, daβ die neuern Ausleger des Plato den Gegenstand und Zweck der bücher über die Republik verkannt haben, und sie zeigt dieses auf eine so musterhafte Art, daβ sie Ihnen wenn ich von mir schliessen darf, die Hochachtung des gelehrten Publicums gewiβ erwerben wird. Mit groβem Vergnügen werde ich eine Recension Ihrer Schrift in un- sern Gött. Anz. besorgen, es muβte denn seyn, daβ Hr. Hofrath Heyne, der Redacteur, selbst das Ge- schäft übernehmen wollte, da es ihm gewiβ ebenso angenehm seyn muβ, wie es mir seyn würde. Vielleicht finde ich aber doch in diesem Fälle eine andere Gelegen- heit, Ihnen das öffentlich zu sagen, was ich Ihnen hier zu äuβern mich verpflichtet fühle. Ich freue mich besonders, daβ Sie den Plato, den vortrefflichen Plato, nicht bloβ als Systematiker im logischen Sinne des Worts, sondern auch als Künstler betrach- ten. Ihr Entwurf von dem künftigen Werke über die Republik ist meisterhaft; ich weiβ nichts da - ran zu tadeln, und nicht einmal etwas hinzuzu- setzen. Hrn Tiedemanns Argumente überhaupt haben mir nie recht gefallen wollen. Sie gewäh- ren bey weitem den Nuzen nicht, den sie gewähren könten und müβten, und sind auch höchst unbequem für den Gebrauch eingerichtet. Könten alle Dialoge des Plato so bearbeitet werden, wie Sie die Repu- blik und den Meno, (denn auch hier stimme ich Ihre bei) bearbeitet haben; es würde ein groβer Gewinn für die Geschichte der Philosophie und die griechische Literatur überhaupt seyn. Vorerst seh ich nun dem vollstän- digen Werke über die Republik mit Verlangen entge- gen. Um Ihnen noch zu zeigen, wie herzlich mein obiges Urtheil von Ihrer Arbeit ist, will ich auch einen Tadel hinzufügen, der aber sehr mikrologisch ist, ungeachtet ich doch wünsche, ihn künftig bey einem so talentvollen Humanisten, wie Sie, nicht mehr anbringen zu können. Ihre Latinität nämlich, ist im Ganzen, wie man sie von Wolfs Freunde erwarten kann; aber sie ist noch nicht durchaus grammatisch rein. Sie schreiben z.B. connexit nexit, für connexuit, nexuit; andere Kleinigkeiten der Art nicht zu erwähnen. Es kostet Mühe, es zur Correctheit zu bringen; ich bin selbst noch weit davon entfernt; aber Sie haben die Verpflichtung auf sich durch den Grad von Correctheit, den Sie bereits erreicht haben, es bis zum höchsten Grade zu treiben, so weit, wie es Hr. Wolf ge- trieben hat, deβen Latinität ich für die vollendeteste halte, die izt in Deutschland, und wohl unter dem Mon- de geschrieben wird. Ihr Urtheil über das, was ich für die Geschichte der Philosophie geleistet habe, würde mich ehren, wenn ich selbst glaubte, es zu verdienen; da ich aber mich selbst viel zu gut kenne, um den Glauben nicht zu hegen, so beschämt es mich. Ich bin mein ganzes Leben hindurch nie in einer Lage gewesen, wo ich mir selbst hätte genugthuun können. Meine Arbeiten sind alle tumul- tuarisch entstanden, und trugen auch leider das Gepräge einer solchen Entstehung. Hüten Sie sich, das rathe ich Ihnen, als Freund, Ihre Studien zwischen Philologie und Philosophie zu theilen. Man kann nur in Einem von diesen Fächern excelliren, aber man wird in keinem von beyden etwas Vorzügliches leisten, wenn man in beyden zu excelliren denkt. Erhalten Sie mir Ihr gütiges Wohlwollen u seyen Sie des meinigen, sowie meiner Hochachtung versichert. JGBuhle N.I.ich werde auf der Bibliothek nachsehen ob die Desiderata da sind.

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