Kiri Karl Morgensternile
Abstract
Mein alter Morgenstern,
Wir müssen nun schon Beyde unsre angebohrne
Abneigung gegen das Briefschreiben auf einen
Augenblick abschwören, ich einer Bitte wegen,
Sie um sie zu gewähren.
Ich brauche den Vtn Band der Mémoires
de la société impériale des Naturalistes de
Moscou auf einige Tage, welche unsre
hieβige academische Bibliothek nicht besizt.
Da Sie nun meine Ungedult in Allem kennen,
so bitte ich Sie mir dieses Buch so schnell als
möglich zu schicken, da ich hoffe, daβ die dörpt-
sche Bibliothek es hierinn der unsrigen zuvor thun
wird; ich bitte durch die Post als Paquet. Das
Porto wird mein Sohn Ihnen erstatten.
Da ich schon dieses Blatt zu beschreiben angefangen,
so will ich es doch auch benutzen um ein wenig
mit Ihnen zu plaudern.
Wie steht es um Klinger’s Biographie? Wie-
weit sind Sie vorgerückt? Oder haben Sie sie
aufgegeben? Klinger’s Freunde mahnen mich
zuweilen, brummen wohl auch im Stillen daβ ich die
eines Unberuferen unterdrückt habe ohne Etwas
Bessers zu Tage zu fördern und meynen gar
daβ eine schlechte Biographie, die man etwa hätte
corrigiren können, doch besser wäre als gar keine, mit seiner Meynung dem Kayser zu unterlegen.
nach dem bekannten Witze daβ schlechtes Wetter Statt aller Antwort erhielt Ouwaroff mein Manus-
besser sey als kein Wetter. Ich gebe Ihnen, skript wieder mit den Worten darauf: Es soll ge-
mein theurer Morgenstern, alle diese Stichel- druckt werden. Nikolai. Und, Freund, ich hatte
reden wieder wie ich sie bekommen habe, als zu diesem kurzen kayserlichen Voto nichts beyzu-
kräftige Anregungsmittel gegen Ihre Genitator- tragen; sondern es war reine Gerechtigkeit von
schaft. Seyn Sie weniger antik; vergessen Sie Seiten unsres trefflichen Monarchen, der nun dadurch
das nonum premitur in annum hier, wo ein mein Verhältniβ zu Struve kennen lernte, ein
Theil des Verdienstes darinn besteht daβ man das Verhältniβ das ich Ihm in meiner privat-correspondenz
Andenken des Mannes nicht verfliegen lassen
sorgfältig verborgen gehalten hatte zugleich da
muβ um dann, zu spät, es wieder aufzufrischen. ich Ihm mein Verhältniβ zum Minister ohne Scheu
Nun auch Etwas von mir: Sie werden wohl dargelegt hatte.
schon wissen daβ Struve, um sich Ouwaroff gefällig
Jezt aber zu dem Vernünftigsten und Reinsten
zu zeigen, Verräther an der Freundschaft geworden
und mich in Sachen der Sternwarte mit einer meines ganzen Briefs – zu meiner alten Liebe –
seltenen Keckheit u. Kunst verfolgt hat. Als er zu unsrer theuren Mina. Sagen Sie Ihr daβ diese
nun Alles erreicht hatte, was er wünschte und ich Liebe noch lebt, noch webt in meinem Herzen,
ihm doch verziehen, kurz vor seiner Abreise nach weil sie auf der höchsten Achtung beruhet.
dem Ausland, schrieb er, auf Instigation des Ministers Und nun nichts mehr als daβ ich Sie mit alter
die Ihnen gewiβ bekannt gewordene Nachricht von
Freundschaft umarme. Die Meinigen grüssen Sie
der neuen Sternwarte etc. in unsrer acad. Zeitung. und die theure Freundin herzlich.
Die darinn enthaltenen Unwahrheiten, Auslassungen
und Geringschätzung Meiner konnte ich nicht ungewägt Ihr Parrot
lassen, und ich schrieb den Zusatz den Sie wohl auch Pawlowsky d. 8tn Aug. 1834
gelesen haben. Fuss u. d. Minister wollten den
Druck verhindern. Da ich aber bey Absendung des
Manuscripts von hier aus (Pawlowsky) meinen festen
Willen Ersterem kund gethan hatte, so wollte der
Minister mir alle Mittel der Publication rauben
durch ein Kayserliches Veto und beginnen den mir Beantw. d. 22. Aug. 1834. Ich hatte ihn erst am 18tn. erhalten
unbegreiflichen politischen Fehltritt das Manuscript
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