Kiri Karl Morgensternile

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1820

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Abstract

Liebster Morgenstern! Die Antwort die Sie mir gestern in Betreff B-s gaben, hat mich die Nacht durch sehr beunruhigt. Ich bitte Sie, lieber M., als Mensch u. als Ihr Freund zu bedenken ob Sie nicht zu viel Werth auf die sonst gerechten Forderungen an den Philologen den wir uns wünschen gelegt haben. Ich eile Ihnen daher noch meine gestrigen Gründe ans Herz zu legen, deren Gewicht mir im gegenwärtigen Augenblick bedeutend erscheint. Wenn B-f. gleichwohl kein Philolog ist wie wir Einen wünschen, so kann er bey anhaltender Fleiβe in einem Jahre so viel leisten daβ Sie sich keinen Vorwurf machen können ihn uns gegeben zu haben Seine Wirksamkeit in diesem neuen Fache würde uns einige Jahre, bis zu seiner Emeritierung dauern. Wir können wohl einen Philolog von minderem Werthe haben so lange wir sie besitzen; denn nur wenige Studenten trachten nach dem Höheren in der Philologie; dagegen Viele des Gemeinen in der selben sehr bedürfen u. ich stelle noch die Frage auf ob ein grosser Philolog geneigt seyn wird sich mit dem Gemeinen abzugeben? Erwägen Sie neben dem Glange auch den Zweck der Univ. So wie die Sachen stehen sehe ich voraus daβ, wenn für Böhlend. nicht auf diese Art gesorgt wird, die Univ. in das unselige Verhältniβ gestürzt wird in welchem sie sich bey dem Prozesse der Juristen befand. Denn Böhlendorf kann nicht mehr der Untersuchung ausweichen die er prowocirt hat. Es erfolgt eine Untersuchung nach Heften u. Aussagen der Studenten, deren Werth Gott bestimmen mag! Und wenn die Sache ohne Untersuchung ablaufen sollte, wozu vielleicht der Graf aus Anhänglichkeit an die Univ. Neigung haben mag, welches Beyspiel für seinen Nachfolger von welchem Niemand uns bürgt daβ er in ähnlichen Fällen mit dem trefflichen Willen, mit dem redlichen u. echtreligiösen Sinn verfahren wird der unsren Liewen beseelt! Dieβ meine Gründe. Sie sehen daβ ich noch nicht das Schiksal der Familie dazu gerechnet habe, ein Schiksal das auch einiges Gewicht in die Wagschale legt. Gott ist mein Zeuge daβ die Sorge, die Ängstlichkeit , die ich in diese Sache lege, keinen, auch nicht entferntesten, Grund in meinen persönlichen Verhältniβen hat. Ich weiβ daβ ich fest stehe. Noch ist es Zeit, wenn Sie, lieber M., durch die neue Erwägung dieser Gründe sich veranlaβt finden Ihre gestrige Meynung zu ändern. Ein Wort an G. Ewers von Ihnen wird die Sache gut machen. Gott halte über Ihren Entschluβ! Ihr Parrot (Im Oct. 1820.

Description

L 215v rida 23 K. Morgensterni käega
Liebster Morgenstern! Die Antwort die Sie mir gestern in Betreff B-s gaben, hat mich die Nacht durch sehr beunruhigt. Ich bitte Sie, lieber M., als Mensch u. als Ihr Freund zu bedenken ob Sie nicht zu viel Werth auf die sonst gerechten Forderungen an den Philologen den wir uns wünschen gelegt haben. Ich eile Ihnen daher noch meine gestrigen Gründe ans Herz zu legen, deren Gewicht mir im gegenwärtigen Augenblick bedeutend erscheint. Wenn B-f. gleichwohl kein Philolog ist wie wir Einen wünschen, so kann er bey anhaltender Fleiβe in einem Jahre so viel leisten daβ Sie sich keinen Vorwurf machen können ihn uns gegeben zu haben. Seine Wirksamkeit in diesem neuen Fache würde uns einige Jahre, bis zu seiner Emeritierung dauern. Wir können wohl einen Philolog von minderem Werthe haben so lange wir sie besitzen; denn nur wenige Studenten trachten nach dem Höheren in der Philologie; dagegen Viele des Gemeinen in der selben sehr bedürfen u. ich stelle noch die Frage auf ob ein grosser Philolog geneigt seyn wird sich mit dem Gemeinen abzugeben? Erwägen Sie neben dem Glange auch den Zweck der Univ. So wie die Sachen stehen sehe ich voraus daβ, wenn für Böhlend. nicht auf diese Art gesorgt wird, die Univ. in das unselige Verhältniβ gestürzt wird in welchem sie sich bey dem Prozesse der Juristen befand. Denn Böhlendorf kann nicht mehr der Untersuchung ausweichen die er prowocirt hat. Es erfolgt eine Untersuchung nach Heften u. Aussagen der Studenten, deren Werth Gott bestimmen mag! Und wenn die Sache ohne Untersuchung ablaufen sollte, wozu vielleicht der Graf aus Anhänglichkeit an die Univ. Neigung haben mag, welches Beyspiel für seinen Nachfolger von welchem Niemand uns bürgt daβ er in ähnlichen Fällen mit dem trefflichen Willen, mit dem redlichen u. echtreligiösen Sinn verfahren wird der unsren Liewen beseelt! Dieβ meine Gründe. Sie sehen daβ ich noch nicht das Schiksal der Familie dazu gerechnet habe, ein Schiksal das auch einiges Gewicht in die Wagschale legt. Gott ist mein Zeuge daβ die Sorge, die Ängstlichkeit , die ich in diese Sache lege, keinen, auch nicht entferntesten, Grund in meinen persönlichen Verhältniβen hat. Ich weiβ daβ ich fest stehe. Noch ist es Zeit, wenn Sie, lieber M., durch die neue Erwägung dieser Gründe sich veranlaβt finden Ihre gestrige Meynung zu ändern. Ein Wort an G. Ewers von Ihnen wird die Sache gut machen. Gott walte über Ihren Entschluβ! Ihr Parrot (Im Oct. 1820.
Sisu kokkuvõtteks: Küsimuse all on Hermann Leopold Böhlendorffi sobivus kandideerimaks teiseks filoloogiaprofessoriks, kelle järele oli ülikoolis tungiv vajadus. Parrot soovis anda senisele teoloogiaprofessorile võimaluse töötada ülikoolis edasi kuni emeriteerumiseni, sest kuraator Lieven oli alustanud usuteaduskonna puhastamist ratsionalistliku suuna õppejõududest. Nii soovis Parrot ennetada ülikooli huvides olukorda, kus uuritaks Böhlendorffi süüdistamiseks konspekte ja võetaks ütlusi üliõpilastelt. Ta püüdis veenda Morgensterni, et kuigi Böhlendorff pole filoloog, saaks ta senise hoolsuse juures õppetööga etteheideteta hakkama ja kahtles, kas üliõpilased suurt teadlast vajaksidki või see igapäevase õpetamisega tahakski tegeleda. Parrot ei tahtnud oma seisukohta põhjendada murega Böhlendorffi perekonna saatuse pärast, mis oli siiski samuti oluline. Böhlendorffi sobivust eitavalt professor Morgensternilt soovis Parrot toetavat sõna rektor Ewersile, mis olukorra lahendaks

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