Kiri Karl Morgensternile

dc.contributor.authorJäsche, Gottlob Benjamin
dc.date.accessioned2017-11-09T11:33:29Z
dc.date.available2017-11-09T11:33:29Z
dc.date.issued1803-07-08
dc.description.abstractReval den 8tn Juli 1803 Mein Theuerster u. Verehrtester Freund! Nach so manchen Beschwerden u. Unannehmlichkeiten unsrer Reise, unter denen die Keine der geringsten war, daβ wir unsern alten invaliden Wagen, an dem das eine hintere Rad zerbrach und die übri- gen morsch gewordenen auch eine nahe Zerstörung drohten, auf der einer Station im Stiche laβen und ohngefähr das letzte Drittel des ganzen langen Weges von beinah 43 Meilen in Courier Kibitken machen muβten, sind wir endlich am 1sten Juli hier angekom- men. Wir nahmen unser vorläufiges Absteige Quartier in einer Vorstadt, durften aber hier nur wenige Stunden verweilen, da mein Zuhörer, der Studiosus Rinne, dem ich die Besorgung eines Quartiers für uns aufgetragen hatte, uns noch denselben Abend in das für uns gemiethete Logis einführte. Dieses Logis ist ein kleines nied- liches Sommer Häuschen, von einem kleinen Garten umgeben und für unsern Zweck ungemein bequem gelegen, denn es liegt an dem einen Ufer des Hafens in einer der Vorstädte, ohngefähr eine Werste von der Stadt. Hier leben wir nun seit dem ganz eingezogen u. einsam von niemanden weiter als nur dann u. wann von einem u. dem an- dern meiner jungen Freunde u. Zuhörer besucht, die sich zur Zeit noch hier in der Stadt aufhalten; spatzieren des Morgens bey schönem heiterm Wetter, das wir hier jetzt haben, in die See an einer sehr bequemen, einsamen, nahe von unsrer Wohnung gelegenen Stelle, machen von Zeit zu Zeit kleine Spatziergänge u ergötzen uns zu dem Anblicke der vielen kleinern u. gröβern Fahrzeuge, die wir vor uns im Hafen hin u. her fahren u auf den Fischzug herausgehen sehen. Die hiesige Flotte befindet sich jetzt in Cronstadt; indessen liegen im Hafen uns ganz nahe gegen über 4 alte groβe Linienschiffe u 2 Fregatten, deren erster Anblick für mich etwas ganz Neues war, da ich noch nie ein Kriegs- schiff gesehen hatte. Es ist intereβant, auch für die Vergleichung, die groβen Maschinen neben den kleinen Fischer böten zu sehen u daran die Fortschritte des menschl. Erfindungsgeistes zu bemerken. An verschiedenen Stellen des groβen geräumigen Hafens giebt es einige schöne Parkhen, unter andern das Catharinen Thal u das Carlsbad, die wir aber zu sehen bis jetzt noch nicht Gelegenheit gehabt haben. Von der Stadt selbst weiβ ich Ihnen bis jetzt so viel wenigstens nicht zu sagen, als Ihre Neugier da wird wissen wollen, denn wir haben von der Hand erst blut wenig Bekanntschaften gemacht. Bey Hardern sind wir neulich gewesen u werden Morgen unsern Richard von ihm vacciniren laβen. Harder ist ein sehr braver, achtungswürdiger Mann, der hier eine sehr groβe Praxis hat und sowohl von Seiten seines Characters als in Rücksicht auf seine Kenntniβ u Geschicklichkeit im besten Rufe steht. Seine Gattinn, eine Landsmänninn von meiner Frau, ist eine sehr liebenswürdige Dame. Eine andre sehr intereβante Bekanntschaft die ich gemacht, ist die mit den beyden Gebrü- dern Tideböhl an der Domschule, dem Director und dem Profeβor, welcher letztere jetzt seinen Sohn, selbst auf unsre Universität bringen wird. Selten habe ich einen Schulmann kennen gelernt, welcher frey von allem Pedantismus, sich gleich auf den ersten Anblick durch Äusserungen u. einen respectabeln Character so vortheilhaft auszeichnet, als dieser achtungswerthe graugewordene Schulmann unter deβen Direction die hiesige Domschule eine Hohe Stufe des Flors seit lange her schon behütet. Er hat mir einige Notizen, für gedachte Schule betreffend, mitgetheilt, von denen ich für unsre Commission einigen Gebrauch zu machen gedenke. Meinem Urtheile nach müβte die Domschule zum bloβen Gymnasium organisirt u das hiesige Stadt Gymnasium zur Bürger Schule umge- schaffen und mit der Domschule in Verbindung gesetzt werden. Wie mir der jüngere Tideböhl, der Profeβor, auch ein sehr braver als Mensch u. Gelehrter überaus achtungswerther Mann, den Sie bald per- sönlich kennen lernen werden, gestern als ich zu Mittage bey ihm speiste, im Vertrauen versicherte, will zwar die Ritterschaft ihre Anstalten ganz unabhängig von der Schul Commission machen; allein dieβ wird ihr hoffentlich so wenig gelingen, als den Curländern. Und die Lehrer wünschen sämmtlich eine Verbeβerung ihrer Lage u. bedürfen auch derselben. Mit den Lehrern an dem hiesigen Stadt Gymnasium werde ich in diesen Tagen mich auch persönlich bekannt machen und eine u die andre nähere Erkundigung einziehen. Ueberhaupt wünschte ich recht sehr, da ich nun am Orte gegenwärtig bin u mich noch eine Zeitlang hier auf- halten werde u daher Gelegenheit nehmen kann, das Lokale der hiesi- gen Schulanstalten genauer kennen zu lernen, daβ Sie und Pöschmann mir einige Aufträge hierüber geben u mit der umgehenden Post diese vorläufigen Instructionen mir mittheilen mögten. Ich halte es für sehr nöthig u. wichtig, besonders den Geist u Character der bey- den hiesigen Hauptanstalten, der Dohm u der Stadt Schule, genauer schon jetzt vorläufig kennen zu lernen, um in der Folge danach bey der neuen Organisation unsre Maaβregeln nehmen zu können. Ich erwarte daher, wie gesagt, mit der umgehenden Post, von Ihnen, liebster Freund! u von Pöschmann, dem ich mich freundschaftl. empfele, einige vorläufige Instructionen u Notizen, um danach meine weitern Erkundigungen einzuholen u die Resultate davon unsrer Commission nach meiner Rückkunft in Dorpat meittheilen zu können. Nun zu unsren academischen Angelegenheiten. Mit Begierde sehe ich zugleich einigen Nachrichten von Ihnen, unsren Parrot u unsre Sache in Petersburg betreffend entgegen; diese Nachrichten werden hoffentlich erwünscht u willkommen seyn; vielleicht können Sie mir sogar schon die erfreuliche Nachricht mittheilen, daβ Parrot mit wohl vollbrachtem Werke zurück gekehrt ist. Ehe ich schlieβe, noch eine Bitte an Sie für den Prof. Tideböhl, der seinen Sohn gern in unsrer Nachbarschaft ein Logis wünschte. Fragen Sie doch bey Petersen an, ob er noch eine Stube für einen Studenten va- cant hat; u auf diesen Fall möchten Sie doch dieselbe für den jungen Tideböhl, der für sich allein eine Stube haben will. Wir bekommen einen groβen Zuwachs von Studierenden aus dem hiesigen Gegend, we- nigstens gegen 20. – Leben Sie nun wohl mein Bester! Meine Frau der das See bad sehr gut zu bekommen scheint, empfielt sich Ihnen bestens u läβt Ihnen mit mir rathen, nicht hieher zu kommen, weil Sie hier sich schrecklich ennyiren würden. Mit der innigsten Freundschaft der Ihrige Jaescheet
dc.identifier.urihttp://hdl.handle.net/10062/58408
dc.language.isodeuet
dc.titleKiri Karl Morgensternileet
dc.typeManuscriptet

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