Der Chor als Mittel zur Entfaltung der Persönlichkeit in den 1950–1960er Jahren (am Beispiel der Tätigkeit des Akademischen Frauenchors der Universität Tartu)
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2007-06-09T12:19:52Z
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Im 20. Jahrhundert, insbesondere in der Mitte und in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts, war die Chorkultur in Tartu auf einem hohen Niveau. Etwa 30 Laienchöre waren in der Zeit in Tartu aktiv, darunter auch die Chöre der Universität – der Akademische Männerchor Tartu (gegründet 1912), der Akademische Frauenchor der Universität Tartu (gegründet 1945), der Kammerchor der Universität Tartu (gegründet 1971), die auch international anerkannte Kollektive waren und es auch heute noch sind.
Der Frauenchor begann seine Tätigkeit in einer Zeit, als noch die Kämpfe des Zweiten Weltkriegs stattfanden. Der Chor wurde zwar während der Sowjetzeit Estlands gegründet, war aber der Träger einer starken Botschaft des Estentums. Von den Gründermitgliedern des Chors hatten viele im Chor des Estnischen Frauengesangvereins gesungen, und brachten nun die Gesangtraditionen des Vereins auch in den Studentenchor mit. Das Statut des Chors erlaubte es auch den Absolventinnen der Universität im Chor zu singen, unter diesen gab es ehemalige Mitglieder des Estnischen Studentinnenvereins. Dort fanden die akademischen Sitten und Gebräuche des Chors ihren Anfang.
Den ChorsängerInnen war ihre Aufgabe hinsichtlich der Erhaltung der estnischen Kultur klar. In der sehr schweren und erdrückenden Atmosphäre der 1940er und 1950er Jahre waren sie imstande, die Werke der estnischen Komponisten (M. Härma, R. Ritsing, E. Oja, G. Ernesaks, M. Lüdig, R. Päts, M. Saar, A. Vedro), aber auch die besten Stücke der Chorliteratur der Welt (P. Tschaikowski, R. Schumann, J. Brahms, J. Offenbach, E. Grieg) zu singen.
Von 1945–1963 wirkte Richard Ritsing als Dirigent des Chors, und seine Person spielte bei der Entwicklung des Ansehens der ChorsängerInnen eine richtungweisende Rolle: der Chor ist ein Kreis von Freunden, in dem die wunderbare Wirkung des Liedes und dessen vereinigende Bindekraft erkannt wird.
1963 wurde Vaike Uibopuu Dirigentin des Frauenchors, die an sich selbst und auch an die Sängerinnen äußerst hohe Anforderungen stellte. Der Frauenchor der Universität wurde zum besten Interpreten sowohl der für Frauenchöre geschriebenen Weltmusik (G. Gastoldi, O. Lasso, H. Purcell, u.a.) als auch der estnischen Autoren (V. Tormis, E. Mägi, u.a.) in Estland.
Das anspruchsvolle Repertoire förderte in den Sängerinnen deren Willenskraft sowie ihr Engagement im Bereich der Kunst und der jeweiligen gewählten Fachrichtung.